Konzeption der Kooperativen Organisationsformen

„Es ist normal, anders zu sein.“
Paulo Coelho

Diese Konzeption dient als Grundlage bei der Einrichtung von sowie für die Arbeit in den Kooperativen Organisationsformen (im folgenden mit KOF abgekürtzt). Es ist für alle Beteiligten (LehrerInnen, Eltern, SchülerInnen) verbindlich.

Ziele dieser Konzeption sind…

  • …die Arbeit in den KOF für alle Beteiligten transparent zu machen
  • …die möglichen Lernchancen aufzuzeigen, zu praktizieren und dadurch erfahrbar zu machen
  • …die Arbeit in einer KOF zu reflektieren und zu evaluieren.

1. Was ist eine KOF?

Die KOF ist eine Klasse des SBBZ Geistige Entwicklung, die aus der Stammschule ausgegliedert und in die ihr zugewiesene allgemeine Schule eingegliedert ist. Die SchülerInnen der KOF bleiben dabei rechtlich SchülerInnen der Sonderschule (Stammschule) und werden von Lehrkräften dieser Stammschule begleitet. Die SonderschullehrerInnen, die weiterhin zum Kollegium der Stammschule gehören, sind für die individuelle Förderung und den Unterricht gemäß dem Bildungsplan der jeweiligen Sonderschule verantwortlich. Dementsprechend bleibt die Verantwortung der Lehrkräfte für die jeweiligen Klassen ihrer Schulart erhalten.

Die KOF hat an der allgemeinen Schule einen eigenen, separaten Klassenraum und ist einer festen Partnerklasse (Kooperationsklasse) zugeordnet. Die Unterrichtsthemen der KOF orientieren sich am Bildungsplan der allgemeinen Schule bzw. an den Unterrichtsinhalten der Partnerklasse. Bis auf wenige Ausnahmen passt sich die KOF an den zeitlichen Rahmen der ihr zugeordneten allgemeinen Schule an (z. B. Stundenplan, Elternabende).

 (Vgl. Verwaltungsvorschrift , 2008)

 

2. Rechtliche Grundlagen

In den 90er Jahren wurde zunächst das Grundgesetz, etwas später auch die Landesverfassung für Baden-Württemberg um das so genannte Benachteiligungsverbot ergänzt: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ (Grundgesetz Art. 3, Abs. 3; Artikel 2a LV BW)

 Auf der Basis einer Erklärung der Kultusminister-Konferenz von 1994 wurden in das Schulgesetz für Baden-Württemberg folgende Vorgaben aufgenommen:

  • „Die Förderung behinderter Kinder ist auch Aufgabe in den anderen Schularten.“ (SchG §15, Abs. 4)
  • „Im Rahmen der gegebenen Verhältnisse können an den Grund-, Haupt- und Realschulen sowie an den Gymnasien KOFen von SBBZen gebildet werden.“ (SchG §15, Abs. 6)

 Die Verwaltungsvorschrift „Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und besonderem Förderbedarf“ vom 8. März 1999 wird durch die Verwaltungsvorschrift vom 22. August 2008 geändert. Die neue Fassung trägt den Titel „Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf und Behinderungen“.

Im Folgenden ein Auszug aus Punkt 3.1 schulgesetzlicher Rahmen: „[…] Den allgemeinen Schulen und Sonderschulen ist aufgegeben, pädagogische und soziale Begegnungsfelder zwischen behinderten und nicht behinderten Schülern zu schaffen, die gemeinsame Unterrichtsveranstaltung einschließen können. KOFen der Sonderschulen in allgemeinen Schulen stärken das soziale und pädagogische Miteinander.“

3. Was sind die Zielsetzungen einer KOF?

  • Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
  • Vermittlung eines Menschenbildes, nach dem Vielfalt als Normalität und als Chance begriffen wird.
  • Individuelle Unterschiede akzeptieren – Gemeinsamkeiten entdecken
  • Erziehung zu sozialkompetentem Handeln – Lernen um Hilfe zu bitten, Hilfe anzunehmen und angemessene Unterstützung anzubieten
  • Stärken kennen lernen und einbringen
  • Verhaltens-, Bewegungs- und Sprachvorbilder nutzen
  • Weiterentwicklung von Unterrichtskonzepten für gemeinsames Lernen in heterogenen Gruppen
  • Inklusion

4. Wer ist an dem „Vorhaben KOF“ beteiligt?

Sonderschule: SchülerInnen, Eltern, Kollegium, Schulleitung

Regelschule: SchülerInnen, Eltern, Kollegium, Schulleitung


Beteiligung der betroffenen Lehrer, Eltern und Schulträger (Punkt 5.2.2 der Verwaltungsvorschrift vom 22. August 2008): “Die untere Schulaufsichtsbehörde übernimmt vor Einrichtung einer KOF die Koordination der Verhandlungen und die Vorbereitungen der Entscheidung. Für ein gutes Gelingen der Arbeit in einer KOF ist es wichtig, dass die Entscheidung der unteren Schulaufsichtsbehörde, die nur im Einvernehmen mit den beteiligten Schulträgern erfolgen kann, auch von den anderen Beteiligten mitgetragen und unterstützt wird. Deren Einvernehmen ist anzustreben.

Vor der Entscheidung wird die Einrichtung der KOF in den Pflegschaften der betroffenen Klassen besprochen und die untere Schulaufsichtsbehörde beteiligt die Leiter, die Gesamtlehrerkonferenzen, die Elternbeiräte und die Schulkonferenzen der betroffenen Schulen. Gegebenenfalls sind auch die Träger der Schülerbeförderung oder außerschulische Kostenträger in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.“

5. Das Team

„Die Zusammenarbeit von Lehrerinnen und Lehrern ist in der Praxis des gemeinsamen Unterrichts von Kindern mit und ohne Behinderung eine unverzichtbare Notwendigkeit. Die Qualität dieser Kooperation beeinflusst das Gelingen oder Nichtgelingen von Integration in der Schule entscheidend.“ (Vgl. Zielke, 2002)

Folgende Voraussetzungen bei Teammitgliedern sind unserer Meinung nach grundlegend für ein erfolgreiches integratives Unterrichten im Team:

  • Bereitschaft zu gleichberechtigtem Arbeiten; im Team bestehen keine Hierarchien
  • Bereitschaft zu neuen Erfahrungen, Aufgaben und Rollen
  • Fähigkeit und Bereitschaft zu „Metakommunikation“, partnerorientierter Gesprächsstil, Fähigkeit zum Feedback, Ambiguitätstoleranz
  • Übernahme der gemeinsamen Verantwortung für alle Kinder
  • Fähigkeit, Probleme im Team offen anzusprechen; eventuell Begleitung durch Supervision
  • das Team vertritt sich auch nach außen als Team

Für eine gelingende Teamarbeit sind gewisse Rahmenbedingungen wichtig:

  • Festgelegte, regelmäßige Zeiten für die Planung und Reflexion der Arbeit
  • Aufgabenverteilung unter Berücksichtigung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Neigungen
  • Abstimmung der Unterrichtsziele, Inhalte und Methoden
  • Transparenz; Teammitglieder haben den gleichen Informationsstand
  • Reflektieren der Lehrerrolle, Absprachen bestimmter Verhaltensweisen
  • Zeitliche Entlastung der Teams; Unterrichtsfreistellung zur Nutzung für gemeinsame Fort- und Weiterbildung, Deputatsermäßigungen für gemeinsame Evaluation und Unterrichtsplanung (vgl. dazu: Teamsitzung)

Die erfolgreiche Arbeit im Team birgt folgende Chancen:

  • Vielfältige Möglichkeiten zur Arbeitsteilung und Aufgabenverteilung; Schwerpunktsetzung entsprechend der eigenen Interessen und Fähigkeiten
  • Zeitliche Belastung (z. B. durch erhöhten Absprachebedarf) wird zum Teil durch Arbeitsteilung aufgewogen.
  • Breiteres Spektrum an Unterrichtsformen auf Grund des höheren Personalspiegels
  • Möglichkeiten zur (Selbst-)Reflexion sind gesteigert
  • „Mehr Köpfe haben mehr Ideen“

Grundlagen organisatorischer Art, die nicht teambedingt, aber für eine gelingende Teamarbeit wichtig sind:

  • Die personelle Besetzung beider Klassen findet in Absprache mit dem Kollegium und der Schulleitung statt, eine Übernahme erfolgt möglichst freiwillig.
  • Das KOF-Team sollte wünschenswerterweise aus zwei pädagogischen Fachkräften bestehen, um densonderpädagogischen Austausch zu gewährleisten.
  • Die Entscheidungsfindung von Seiten der Kooperationsschule erfolgt auf der Basis von Informationsabenden über bestehende KOF, unsere KOF-konzeption und gegenseitige Hospitationen.
  • Eine Phase des Kennenlernens soll sicherstellen, dass eine Zusammenarbeiten der Lehrkräfte möglich ist.

Die Teamsitzung:

  • Teamsitzungen finden regelmäßig (idealerweise einmal wöchentlich) und in einem festgelegten Zeitfenster statt.
  • An den Sitzungen nehmen die Klassenlehrer der beiden Klassen verbindlich teil. Weiterhin können die anderen Lehrkräfte der SBBZ-Klasse und die zusätzlichen Unterrichtshelfer (z. B. Schulbegleiter, FSJ) an den
    Teamsitzungen teilnehmen. Dies wird abhängig von Themen und Inhalten der Sitzungen individuell abgesprochen.
  • Die Teambesprechungen sollten möglichst in jeder Sitzung folgende Aspekte beinhalten:
  1. Gegenseitiger Austausch von Informationen (z. B. anstehende Termine, aktuelle Vorkommnisse und pädagogische Maßnahmen)
  2. Reflexion der gemeinsamen Unterrichtsarbeit (Planung und Durchführung)
  3. Mittel- und langfristige Planung des Unterrichts, einschließlich der Entscheidung welche Inhalte und Unterrichtsstunden gemeinsam oder getrennt durchgeführt werden
  4. Planung der aktuellen Unterrichtseinheiten
  5. Aufgabenverteilung und Absprachen in Bezug auf Unterrichtsvorbereitung und -durchführung (Team-Teaching)
  • Mehrmals im Schuljahr sollte die Evaluation der gemeinsamen Arbeit Inhalt der Teambesprechungen sein.
  • Wünschenswert ist zudem ein kooperativer Fachunterricht. Außerhalb der Teamsitzungen stehen daher für den Klassenlehrer der KOF weitere Absprachen und Arbeitstreffen mit den jeweiligen FachlehrerInnen an.


Zusätzliche Unterrichtshelfer:

Eine generelle Notwendigkeit, weitere Betreuungskräfte für eine KOF zur Verfügung zu stellen, ergibt sich von Rechtswegen nicht. Wir erachten die Zuweisung einer Betreuungskraft jedoch für sinnvoll, da der gemeinsame Unterricht einen gewissen Betreuungsschlüssel voraussetzt. Zudem stehen oftmals pflegerische Aufgaben an, die an der Stammschule von Pflegepersonal übernommen werden können. Dieses Personal steht an der Partnerschule nicht zur Verfügung. Des Weiteren besteht Unterstützungsbedarf zur Gewährleistung der Pausenaufsicht.

Auf Grund dessen hat sich das Kollegium der Eduard-Spranger-Schule im Rahmen der Schulentwicklung für folgende Handhabung ausgesprochen: „Der KOF wird möglichst eine Hilfskraft (z. B. FSJ, Zivi, Schulbegleiter) zugewiesen“. (Vgl. Projektauftrag KOF ESS)

6. Die SchülerInnen einer KOF

Grundsätzlich können alle SchülerInnen eine KOF besuchen. Einschränkende Bedingungen können räumliche und personelle Gegebenheiten sowie individuelle Aspekte des Schülers sein.

Bei der Neueinrichtung einer KOF sollten idealerweise die Frühförderstellen in die Entscheidung miteinbezogen werden.

7. Voraussetzungen an der Partnerschule

Für die KOF muss ein eigener Raum verfügbar sein (Verwaltungsvorschrift, 2008). Die Klassenräume der beiden Partnerklassen sollten möglichst in unmittelbarer Nachbarschaft sein (Landesarbeitsstelle Kooperation, CD, 2008). Ideal sind nebeneinander liegende Klassenzimmer mit Verbindungstür.

Es ist sinnvoll, dass die KOF vom Kollegium, der Schulleitung und dem Elternbeirat der Partnerschule gewollt ist.

Es wäre schön, wenn bei der Erstellung des Stundenplans der Partnerklasse gewisse Kooperationsgesichtspunkte berücksichtigt werden könnten. Beispiele für solche kooperative Aspekte sind: Viel Klassenlehrerunterricht, möglichst wenig Fachlehrer, ein bestimmter Nachmittag unterrichtsfrei für die Schwimmunterrichtskooperation der KOF mit ihrer Stammschule.

8. Einrichtung und Fortführung einer KOF

Die untere Schulaufsichtsbehörde entscheidet über die Einrichtung und Fort- sowie Weiterführung einer KOF (siehe Punkt 4).

Unter welchen Gesichtspunkten werden KOFen gebildet?

Häufig geht die Initiative von Eltern oder Sonderschulen aus. Die Einrichtung einer KOF muss einvernehmlich entschieden werden. Im Landkreis Karlsruhe ist hierfür das Landratsamt Karlsruhe, Fachbereich I, Amt für Schulen und Kultur zuständig.
Der Antrag an die untere Schulaufsichtsbehörde erfolgt zunächst formlos und es besteht keine Antragsfrist. Daher kann der Zeitpunkt der Antragsstellung sehr unterschiedlich sein, wenn das Kind noch im Kindergarten ist oder erst kurz vor der Einschulung. Eine frühzeitige Antragsstellung ist aus unserer Sicht sinnvoll und wichtig. Nur mit ausreichend zeitlichem Vorlauf können die bestmöglichen äußeren organisatorischen Bedingungen geschaffen werden (z. B. Partnerschule suchen, Stellenausschreibung für die Kooperationsklasse an der Partnerschule, Ausstattungskriterien an der Partnerschule [z. B. Barrierefreiheit]).

Ausschlaggebend für die Einrichtung einer KOF ist in erster Linie der Elternwunsch. Nur mit einer hinreichenden Zahl von Schülern wird eine reguläre Klasse der Sonderschule gebildet, die ihren Standort in der allgemeinen Schule (Partnerschule) hat. Liegen nicht genügend Anträge vor, so besteht die Möglichkeit, dass die Sonderschule mit weiteren Eltern in Kontakt tritt. Die Untere Schulaufsichtsbehörde entscheidet darüber, wie viele Anträge vorliegen müssen, um der Einrichtung einer KOF zuzustimmen. Eine Genehmigung durch das Ministerium muss (im Gegensatz zum ISEP) nicht erfolgen.

Die unter Schulaufsichtsbehörde legt einen Zeitraum fest, nach dem die Entscheidung über die Einrichtung der KOF überprüft wird. In der Regel bedeutet dies für die Eltern, einen weiteren formlosen Antrag über die Fortführung der integrativen Maßnahme zu stellen.

Was passiert nach Ende der Grundschulzeit?

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit einer Weiterführung der integrativen Maßnahme in der Sekundarstufe oder die Rückführung an die Stammschule. Im Rahmen der Entscheidungsfindung werden u. a. folgende Punkte betrachtet:

  • Was wollen die Eltern?
  • Welche weiterführenden Schulen stehen in der Umgebung zur Verfügung?
  • Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen und besonderen Bedürfnisse in Bezug auf die konkrete KOF

Voraussetzung für eine Weiterführung der integrativen Maßnahme ist auch hier wieder in jedem Fall ein formloser Antrag der Eltern. Im Weiteren entspricht das Prozedere dem der Einrichtung einer KOF.

Auch die Weiterführung einer integrativen Maßnahme nach Ablauf der Sekundarstufe I in der Berufsschule ist unter entsprechenden Umständen eine denkbare Möglichkeit.

Kann die Fort- und Weiterführung der integrativen Maßnahme nicht umgesetzt werden, erfolgt für die Klasse eine Rückführung an die Stammschule. Dies ist jederzeit möglich.

Welche Möglichkeiten des Wechsels zwischen integrativer Maßnahme und Stammschule gibt es?

  • Beendigung einer KOF nach der Grundschulzeit
  • Beendigung einer KOF nach der weiterführenden Schule zur weiteren Beschulung in der Berufsschulstufe
  • Abbruch einer KOF
  • Wechsel einzelner KOF-schüler an die Stammschule
  • Wechsel einzelner Schüler der Stammschule in eine bestehende KOF

9. Organisation

9.1. Besetzung der KOFen

Alle Lehrkräfte der Schule kommen als KOF-Lehrkräfte in Frage. Die Kompetenzen bereits in der KOF-Arbeit erfahrener KollegInnen sollten möglichst genutzt werden. Ein erneuter Einsatz in einer KOF sollte unter berücksichtigung bestimmter Aspekte auch nach Ablauf eines KOF-durchgangs und ohne Zwischenstation an der Stammschule möglich sein.
Auch während der Tätigkeit als KOF-Lehrkraft sollte die Identifikation mit der Stammschule erhalten bleiben. So sollte die Kontaktpflege zum Kollegium ebenso wie die Beteiligung am konzeptionellen Schulleben der Stammschule in einem leistbaren zeitlichen Rahmen eine Selbstverständlichkeit sein.

Für den Übergang einer KOF in die Sekundarstufe ist es sinnvoll, auf eine Lehrkraft mit KOF-Vorerfahrung zurückzugreifen. Steht eine solche nicht zur Verfügung, sollte eventuell in Erwägung gezogen werden, die bisherige Lehrkraft für ein Übergangsjahr einzusetzen. Damit ist gewährleistet, dass praxiserprobte Erfahrungen bezüglich kooperativer Modelle in den Aufbau der Kooperation in der Weiterführenden Schule einfließen können.

9.2. Vertretungen

Die Vertretung der KOF-lehrkräfte ist für den Krankheitsfall sowie bei Fortbildungen klar geregelt. Demnach werden kurzfristige Erkrankungszeiten innerhalb des bestehenden KOF-teams aufgefangen. In gegenseitigem Einvernehmen kann eine kurzfristige Vertretung auch durch die Lehrkraft der Kooperationsklasse erfolgen (vgl. nächster Absatz). Langfristige Erkrankungszeiten werden nach Bedarf von Lehrkräften der Stammschule aufgefangen. Dabei gibt es folgende Umsetzungsmöglichkeiten:

  • LehrerInnen der Stammschule gehen zur Vertretung in die KOF.
  • KOF-schülerInnen kommen an die Stammschule und werden mindestens paarweise in festgelegte Gastklassen verteilt.

Eine Vertretung für KOF an der Kooperationsschule wird angestrebt, kann jedoch nicht in jedem Fall gewährleistet werden. Bei der Entscheidung ist die Besetzungssituation an der Stammschule zu berücksichtigen.

Die Vertretung durch die KOF-lehrkräfte in der zugeordneten Kooperationsklasse ist nicht verpflichtend, kann jedoch auf freiwilliger Basis und in Absprache mit beiden Schulleitungen erfolgen. Dasselbe gilt für die Vertretung in der KOF durch die KollegInnen der Partnerschule. Keine Lehrkraft kann zu Vertretungen in der jeweils anderen Schule bzw. Klasse verpflichtet werden. Die Entscheidung der Lehrkraft wird in diesen Fällen von ihrer Schulleitung unterstützt.

Eine rechtliche Absicherung der Lehrkräfte erwächst aus den Absprachen der beiden Schulleitungen.

Die Eltern werden am ersten Elternabend über die getroffenen Absprachen informiert.

9.3. Allgemeine Aufsichtspflicht

Die Aufsichtspflicht ist in keinem Gesetz ausdrücklich festgelegt. Es ist die Aufgabe der Schulleitungen, die notwendige Aufsicht festzulegen und einzuteilen. Grundsätzlich sind die Lehrkräfte jeweils für ihre Klassen zuständig. In gegenseitiger Absprache und Vereinbarung kann die Aufsichtspflicht auch anders geregelt werden, wechselseitige Aufsichten sind in diesem Fall möglich.

9.4. Pausenaufsicht

Die Absprachen bezüglich der Pausenaufsichtsregelung werden in einer GLK von den Lehrkräften der KOF mit dem Kollegium der Partnerschule getroffen. Bei der Lösungsfindung sind die individuellen Voraussetzungen der SchülerInnen (z. B. Alter, Persönlichkeit, Grad der Selbstständigkeit) Grundlage. Die getroffenen Absprachen werden mit beiden Schulleitungen abgestimmt und von diesen schriftlich genehmigt.

(Vgl. Schmalenbach: Häufige Fragen)

9.5. Fortbildungen

Die Schulen ermöglichen die Freistellung der Kooperationslehrkräfte (KlassenlehrerInnen) für gemeinsame Fortbildungen zu den Themen „Kooperation“ und „Integration“. Die gemeinsame Teilnahme an einer entsprechenden Fortbildung ist v. a. in der Anfangszeit sinnvoll. Gemeinsame Fortbildungen des Kooperationsteams sind auch im weiteren Verlaufs der Zusammenarbeit und während des Schuljahres wünschenswert und zu ermöglichen.

9.6. Materialabsprachen

Grundsätzlich wird das Material für eine KOF von der Stammschule organisiert und finanziert. Zwischen den Lehrkräften der KOF und der Partnerschule werden gegebenenfalls unter Einbeziehung der Schulleitungen, Absprachen und verbindliche Regelungen über die Benutzung von Verbrauchsmaterial und didaktischen Materialien geführt. Wenn nötig werden die Absprachen schriftlich festgehalten.

9.7. Deputatsermäßigungen

Es gibt keine allgemeingültige Regelung hinsichtlich Deputatsermäßigung für Lehrkräfte der Kooperationsklassen. Unterricht, auch kooperativer Unterricht, gehört zum Aufgabenfeld von Lehrkräften an allgemeinen Schulen und ist in der vorgegebenen Arbeitszeit der Lehrkräfte enthalten. Die Staatlichen Schulämter bzw. die Schulleitungen der beteiligten Schulen können in begründeten Fällen Lehrkräften Stundenanrechnungen zukommen lassen. (Vgl. Schmalenbach: Häufige Fragen)

Solche begründeten Fälle sind z. B. die Neueinrichtung einer KOF an einer Grund- oder weiterführenden Schule sowie die Kooperation an einer weiterführenden Schule durch die Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Fachlehrern.

Deputatsermäßigungen für Lehrkräfte in KOFen sind wünschenswert und begründen sich nicht „nur“ durch einen höheren Vorbereitungs- und Absprachebedarf sondern auch durch Doppelbelastungen der KOF-Lehrkräfte, u. a. bei folgenden Punkten: GLKs an Stamm- und Partnerschule, Feste und Veranstaltungen an beiden Schulen, Kontakte zu beiden Kollegien pflegen, zum Teil Elternabende an beiden Schulen.

9.8. Dienstanweisungen

Die Frage, ob Schulleiter der Partnerschule dem Personal der Sonderschule dienstliche Anweisungen geben können, muss zwischen den Schulleitungen abgesprochen werden. Im Rahmen einer solchen Absprache sind Dienstanweisungen möglich.

(Vgl. Schmalenbach: Häufige Fragen)

9.9. Schulische Gremien

Die KOF-lehrerInnen sind gleichberechtigte Kollegen der Stammschule. Dementsprechend besteht eine Teilnahmeverpflichtung für Gesamtlehrerkonferenzen an der Stammschule. Die Beteiligung an anderen schulischen Gremien (z. B. SEKs, DBs) der Stammschule erfolgt in gleichem Maße, wie bei allen anderen KollegInnen. Die KollegInnen der KOF sind in der Stammschule stimmberechtigt und in deren Gremien wählbar.

Die Teilnahme an den GLKs und Dienstbesprechungen der Partnerschule ist freiwillig, jedoch in vielen Fällen zu befürworten. Sinnvoll ist die Teilnahme bei Tagesordnungspunkten, die im Schulalltag auch die KOF betreffen. Dagegen ist eine Teilnahme an Besprechungen konzeptioneller Art, die ausschließlich Belange der Partnerschulen betreffen (z. B. Notenfindung, Notenkonferenzen, Konzeptionsarbeiten), nicht sinnvoll. Es wäre zu begrüßen, dass die Partnerschule bei der Festlegung der Tagesordnungspunkte darauf achtet, dass Punkte die die LehrerInnen der KOF betreffen, zu Beginn einer Konferenz besprochen werden. Die KOF-lehrerInnen müssen sich nicht an der Schulentwicklung der Partnerschule beteiligen. Die Lehrkräfte der KOF sind an der Partnerschule bei offiziellen Entscheidungen nicht stimmberechtigt. Sie sollten jedoch in gewisse, schulrechtlich nicht relevante Entscheidungen (z. B. Planung Sommerfest, Lehrerausflug) einbezogen werden.

9.10. Rechtliche Stellung der Eltern

Entsprechend der Schulzugehörigkeit ihrer Kinder sind die Eltern der KOF in erster Linie der Stammschule zugeordnet. Dort sind sie in den schulischen Gremien mit Elternbeteiligung stimmberechtigt und somit dort in die Elternarbeit integriert. Die Elternvertreter der KOF und der Partnerklasse werden entsprechend getrennt gewählt. Die Elternabende finden dennoch termingleich – und teilweise gemeinsam – mit der Partnerklasse statt. Bei der Terminauswahl für die Elternbeiratssitzung müssen die Elternvertreter der Stammschule die Elternabendtermine der KOF berücksichtigen, damit sich die Eltern der KOF problemlos beteiligen können.

Die Teilnahme und Mitwirkung der KOFeltern in den Elterngremien der allgemeinen Schule sind nach Absprache möglich. Ein Stimmrecht besteht nicht.

Die Beteiligung und Teilnahme an Festen und Aktivitäten seitens der Eltern ist an beiden Schulen wünschenswert.

10.  Zusammenarbeit

In ihrem Schulalltag kooperiert eine KOF schwerpunktmäßig mit ihrer Partnerschule (siehe Punkt 11), aber auch der Kontakt und die Zusammenarbeit mit der Stammschule spielen eine Rolle.

Warum ist die Kooperation zwischen KOF und Stammschule wichtig?

  • Kontakte zu anderen Kindern und Jugendlichen mit Behinderung knüpfen (peer-group)
  • Erfahrung machen, nicht immer „der Schwächste“ zu sein
  • Möglichkeiten Freizeitkontakte zu knüpfen (kann mit zunehmendem Alter und teils unterschiedlichen Interessen interessant werden)
  • Kennen lernen von Schule und SchülerInnen vor dem Hintergrund einer möglichen  Rückführung

Folgende Formen und Umsetzungen sind denkbar:

  • gemeinsamer Unterricht (aktuell: Schwimmunterricht)
  • Teilnahme an Ausflügen und Festen (z. B. Schulfest, Faschingsfeier, Europa-Park, Theaterbesuch)
  • Zusammenarbeit mit einer etwa gleichaltrigen Klasse der Stammschule (z. B. Schullandheimaufenthalt, gemeinsame Arbeit an Unterrichtsinhalten und Projekten, gegenseitige Besuche)

Die KOF kooperiert zwar hauptsächlich mit einer festen Partnerklasse, ist jedoch im Schulalltag fester Bestandteil der Partnerschule und beteiligt sich an deren Aktionen aktiv:

  • Schulfeste
  • Projekttage
  • Theaterbesuche
  • Ausflüge
  • Fototermine
  • Sportveranstaltungen

Im Zentrum der KOFarbeit steht die Kooperation mit einer festen Partnerklasse.

Die Art und Intensität der Zusammenarbeit von KOF und Partnerklasse hängen von mehreren Faktoren ab:

  • In welcher Klassenstufe wird unterrichtet?
  • Welche individuellen Lern- und Verhaltensvoraussetzungen bringen die SchülerInnen (Partner- und KOF) mit?
  • Wie funktioniert die Teamarbeit?
  • Wie kompromissbreit sind die Teammitglieder?
  • Welche Methoden kommen im Unterricht vorwiegend zum Einsatz?

11. Gemeinsamer Unterricht

Die folgenden Ausführungen stellen aus unserer Sicht und basierend auf unseren bisherigen Erfahrungen ein sinnvolles und wünschenswertes Maß an Kooperation dar, das angestrebt werden sollte. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass es keine pädagogischen Patentrezepte gibt, sondern schul- bzw. klassenbezogene Lösungen entwickelt werden müssen. Für diesen Entwicklungsweg ist die Akzeptanz von Zwischenergebnissen wesentlich förderlicher als der verzweifelte Versuch überzogene Erwartungen zu erfüllen. Es geht uns daher nicht darum, „um jeden Preis“ hundert Prozent gemeinsamen Unterricht zu machen, vielmehr können auch weniger, dafür gut vorbereitete und abgestimmte Kooperationsstunden gewinnbringend sein.

Gemeinsamer Unterricht findet – orientiert an den Lernvoraussetzungen und -be-dürfnissen der SchülerInnen (KOF und Partnerklasse) – so oft wie es möglich und sinnvoll ist statt. Um Gemeinsamkeit als Normalität zu erleben ist jedoch ein Mindestmaß an regelmäßigem, gemeinsamem Unterricht und anderen gemeinsamen Aktivitäten notwendig.

Gemeinsamer Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung soll – ganz im Sinne von Comenius „omnes omnia omnio docere“ (alle alles auf alle Arten lehren) –

allen SchülerInnen in ihrer Unterschiedlichkeit und Vielfalt die Chance bieten, am gemeinsamen Inhalt und voneinander zu lernen. (Vgl. Gudjons, 1999)

Gemeinsamer Unterricht unterscheidet sich im Prinzip nicht vom „allgemeinen Unterricht“ und benötigt daher keine besondere Didaktik. Nach Feuser (in Jantzen, 2000) beinhaltet der Gemeinsame Unterricht vier unabdingbare didaktische Momente:

–          eine Individualisierung, die sich logisch aus dem Entwicklungsstand und der Biographie des einzelnen Schülers
           und der einzelnen Schülerin ergibt. (Lebensbedeutsamkeit der Inhalte)

–          „Innere Differenzierung“

–          kooperative Tätigkeiten zur Schaffung von gegenseitiger Anerkennung und Wertschätzung

–          Tätigkeit am gemeinsamen Gegenstand. (Damit ist nicht unbedingt ein dinglich sichtbarer Gegenstand gemeint,
           sondern ein gemeinsamer Zusammenhang, der dem Lernprozess der Schüler und SchülerInnen zugrunde liegt.)

Gemeinsamer Unterricht steht im Spannungsfeld zwischen Individualisierung und Gemeinsamkeit. Im Schulalltag gibt es vielfältige Möglichkeiten, diesem Spannungsfeld zu begegnen:

Individualisierung durchGemeinsamkeit durch
  
Differenzierung der ZeitGemeinsame Inhalte
Differenzierung des UmfangsGemeinsame Methoden
Differenzierung des NiveausGemeinsame Nutzung der Medien
Differenzierung der HilfeGemeinsame Lernorte
Differenzierung der MedienGemeinsame Orte zur Begegnung
Differenzierung der ZieleGemeinsame Lernzeiten
 Gemeinsame Pausenzeiten
 Gemeinsame Lehrerinnen und Lehrer
 Gemeinsame Situationen mit emotionalen und sozialen Schwerpunkten

In offenen Unterrichtsformen lassen sich Individualisierung und Gemeinsamkeit am ehesten umsetzen:

–          Fächerverbindender Unterricht

–          Lernen an Stationen

–          Freie Arbeit

–          Wochenplan

–          Projekt- / projektorientierter Unterricht

–          Werkstattarbeit

–          …

(Vgl. Dippon & Schnitzler, 2008)

Für den integrativen Unterricht mit heterogenen Lerngruppen gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Lernsituationen:

LernsituationWie sieht das aus?
  
Frontale / gleiche Lernsituationen„Alle tun das Gleiche“
In sozialer Interaktion können gleiche Ziele erreicht werden.
Kooperative / integrierende Lernsituationen„Alle tun etwas für das gemeinsame Ziel“ Koopertive Tätigkeit am „gemeinsamen Gegenstand“ (Inhalt) mit gemeinsamem Ziel (Produkt) Oder Differenzierung der Ziele, Methoden und Medien bei gleichem Lerninhalt / Projektvorhaben
Präsentierende Lernsituationen„Schüler(gruppen) präsentieren ihr Expertentum
Schülerexperten bringen ihre besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten ein
Koexistente Lernsituationen„Jeder tut das Seinige“ Indiviualisierte, differenzierte Tätigkeiten der Schüler
Kommunikative / informelle Lernsituationen„Jeder tut mit er wem was er tun möchte“ Betonung des sozialen Miteinanders in offenen Situationen
Unterstützende Lernsituationen„Jeder tut das Seinige, zwischendurch hilft er jemand anderem“ Verbindung von individuellen Zielen mit geringer, helfender sozialer Interaktion
Helfende Lernsituationen„Er tut das Seinige und ein anderer hilft dabei“ Individueller Inhalt mit umfassender helfender, sozialer Interaktion oder Lernpartner für ein anderes Kind sein

(Vgl. Sachsenheimer, frei nach Wocken)


Prinzipielle sonderpädgogische Grundsätze fließen verstärkt in den gemeinsamen Unterricht ein. Dies sind z. B. :

–          Schülerorientierung

–          Lebensweltorientierung

–          Individualisierung

–          Differenzierung

–          handelnd-aktives Lernen / Selbsttätigkeit

–          Selbst- und Mitbestimmung

–          Ganzheitlichkeit

–          Hoher Grad an Anschaulichkeit

–          Gliederung des Lernweges

–          Handlungsbegleitendes Sprechen

–          Handlungsorientierung

–          Dialogfördernde Aufgabenstellungen und Unterrichtsorganisation

–          Übung

Was sollte in jedem Fall gemeinsam gemacht werden?

–          Begrüßungs- und Abschlussrituale

–          Klassenrat

–          Wochenenderzählungen

–          Klassendienste

–          Pausen

–          Geburtstagsfeste

–          Unterrichtsexkursionen

–          Ausflüge

–          Schullandheim

–          Auftritte bei Schulfesten

–          …

Wann macht gemeinsamer Unterricht Sinn?

Grundsätzlich ist sinnvoller gemeinsamer Unterricht in jedem Fach möglich. In der Regel sollte dieser Unterricht vom Lernen am gemeinsamen Gegenstand geprägt sein. Aber auch die bewusste Entscheidung, die soziale Interaktion, das Gemeinsame und eben gerade nicht den Unterrichtsinhalt in den Vordergrund zu stellen, kann sinnvoll sein.

Für den gemeinsamen Unterricht am gemeinsamen Gegenstand eignen sich manche Fächer und Themen besser bzw. sind leichter zu differenzieren und individualisieren als andere. Besonders geeignet für gemeinsame Stunden ist die projektartige Auseinandersetzung mit einem Unterrichtsinhalt.

In der kooperativen Arbeit stellt sich immer wieder die Frage, wie man mit der großen Vielfalt und Vielzahl der Themen umgeht, die die SchülerInnen der Regelschulen zu bewältigen und zu bearbeiten haben. Diese Problematik verstärkt sich mit zunehmendem Alter der SchülerInnen und besonders durch das Fächer- und Fachlehrersystem an den weiterführenden Schulen. Daher gilt unserer Meinung nach: Manchmal ist weniger mehr!


Im Folgenden sind einige Themenbeispiele für kooperativen Unterricht aufgeführt.

–          Beispiel Rechnen: Mathematische Sachthemen wie „Geld“, „Uhr“ und „Geometrie – Formen und Körper“

–          Beispiel Deutsch, Klasse 1: Buchstabeneinführung als Chance, alle Buchstaben kennen zu lernen;
           Übungsphasen und Schwerpunktsetzung werden individuell angepasst

–          Beispiel Deutsch: Bildergeschichten, Gedichte und Lektüren bieten durch Elementarisierung bis in die höheren
           Klassen sinnvolle und altersangemessene Inhalte

–          Beispiel: Sachunterrichtliche Themen aus den Bereichen Naturwissenschaft, Technik, Geschichte und
           Gesellschaft

–          Beispiel: Themen aus Musik, Bildender und Darstellender Kunst

–          Beispiel: Sport mit den Schwerpunkten Erlebnis, Spiel und Bewegung

Wann macht getrennter Unterricht Sinn?

–          Ein täglicher Morgenkreis mit dem Schwerpunkt Datum, Wochentag, Stundenplan, Orientierung im Jahresverlauf
           ist für die KOF zur Internalisierung zeitlicher und linearer Strukturen wichtig. Für die Partnerklasse ist
           dies spätestens ab der 2. Klasse nicht mehr notwendig und zeitlich nicht durchführbar.

–          Koexistente Lernsituationen können Teil des Alltags sein. Unterscheiden sich Ziele, Inhalte und Lernformen der
           beiden Klassen gravierend, muss allerdings gut überlegt werden, ob gemeinsamer Unterricht mit
           entsprechendhöheren Anpassungsanforderungen oder getrennter Unterricht in der KOF sinnvoll ist.

–          In den Naturwissenschaften oder im Rechnen sind Bewegungsangebote, konkret-handelnde Lernsituationen und
           experimentelles Agieren für die SchülerInnen der KOF wesentlich. Diese Anteile sind in den
           Partnerklassen deutlich geringer, der Schwerpunkt liegt für sie eher in der theoretischen Auseinandersetzung.

–          Beispiel Rechnen: Die Zahl an sich als gemeinsamer Unterrichtsgegenstand ist fragwürdig.

–          Auch im Bereich des Deutschunterrichts gibt es zunehmend Inhalte, die für die SchülerInnen der KOF
           nur bedingt, ausschnittsweise oder überhaupt nicht relevant sind. Beispiele hierfür sind zum Teil der
           Grammatikunterricht, die Aufsatzerziehung, die Theorie der Gedichtinterpretation, …

–          Beispiel Bildergeschichten: Sinnvoll ist es, die Geschichte an sich als gemeinsamen Lerninhalt zu behandeln
           und je nach Situation einen gemeinsamen Einstieg zu gestalten. Für die KOF wird im weiteren Verlauf
           der Einheit das Verstehen, Erzählen und Nachspielen der Geschichte den Schwerpunkt des Unterrichts
           darstellen, während es für die Partnerklasse dies nur ein kleiner Teil der Einheit darstellt. Sie setzt sich verstärkt
            mit Fragestellungen wie z. B. „Wie schreibe ich eine Einleitung?“, „Wie verwende ich verschiedene Adjektive um
           die Geschichte spannender zu gestalten?“ etc. auseinander.

–          Beispiel Grammatikunterricht: Einige grammatische Inhalte der Grundschulklasse können für die SchülerInnen
          der KOF grundsätzlich von Bedeutung sein, jedoch im Regelfall erst in späteren Schuljahren.

–          Beispiel Sport: Bei Einzel- und Mannschaftswettbewerben können die SchülerInnen der KOF meist
           nicht mithalten, dies kann sich auf einzelne SchülerInnen belastend auswirken.

12. Schwerpunkte der Förderung in einer KOF

Vergleicht man die Unterrichtspraxis und Konzeptionen von Stammschule und KOF, so zeigen sich einige deutliche Unterschiede in der Schwerpunktsetzung.

Viele, an der Stammschule explizite Unterrichtsinhalte und Förderbereiche laufen in der KOFarbeit eher unterschwellig ab.

Dies zeigt sich ganz besonders, im Hinblick auf die ersten Schulbesuchsjahre. Während an der Stammschule das soziale Lernen (Arbeitsverhalten, Regelverständnis etc.) einen wichtigen Stellenwert einnimmt und in der Auseinandersetzung mit konkreten Inhalten geübt wird, stehen in der KOF fachliche Inhalte im Vordergrund. Kompetenzen wie angemessenes Sozial- und Arbeitsverhalten werden in der Kooperation vorwiegend durch die Orientierung an entsprechenden, gleichaltrigen Rollenvorbildern erlernt. Dies hat jedoch auch zur Konsequenz, dass SchülerInnen, die sich nicht an gewisse sozialverträgliche und damit angepasste Verhaltensweisen (z. B. ständig stören, aggressiv werden, anspucken) halten können, in der Schulgemeinschaft auf Unverständnis bis hin zu Ablehnung stoßen können. Gleichzeitig werden gewisse Besonderheiten und Andersartigkeiten toleriert und im Rahmen der kooperativen Beschulung die Bereitschaft aller Beteiligten zur Toleranz erhöht.

Ganz klar im Vordergrund stehen im Unterricht der KOF die Kulturtechniken sowie die inhaltliche Auseinandersetzung mit Sachthemen. Da sich der Unterricht der KOF am Rhythmus der Regelschule orientiert, steht im schulischen Alltag für bestimmte notwendige Förderbereiche kaum Zeit zur Verfügung.
In diesen Bereichen muss die regelmäßige Förderung daher im Elternhaus stattfinden. Dies betrifft beispielsweise folgende Aspekte der Selbstversorgung: An- und Auskleiden, Tisch decken, Frühstück / Essen zubereiten, Umgang mit Messer und Gabel, Tischmanieren, Toilettentraining…

Eine weitere Anforderung, die sich aus dem „Regelschul-Rhythmus“ für das Elternhaus ergibt, ist das im Vergleich zur Stammschule in der Regel deutlich erhöhte Hausaufgabenpensum der KOF.

13. Engagement der Eltern

Ebenso wie die Lehrkräfte und SchülerInnen sind auch die Eltern der KOFschülerInnen zum Engagement an Stammschule und Partnerschule aufgefordert.

Die Eltern sind einerseits fester Bestandteil der Gremien an der Stammschule, andererseits ist ein Austausch mit den Gremien bzw. eine Zusammenarbeit mit den Eltern der Partnerschule sinnvoll. Präsenz und aktive Beteiligung an Schulfesten und anderen Aktionen beider Schulen sind erwünscht.

Aus unserer Sicht erscheint es wichtig, dass die Eltern der KOFschülerInnen Kontakte zu anderen Eltern von Kindern mit Behinderung an der Stammschule pflegen.

Literatur

–          Dippon, C. & Schnitzler, J.: Gemeinsamer Unterricht – Außenklassen in der Sekundarstufe I. Handout der
           Landesarbeitsstelle Kooperation Stuttgart, 2008, 37 & 42.

–          GEW-Jahrbuch für Lehrerinnen und Lehrer – Schul- und Dienstrecht in Baden-Württemberg. Standardausgabe.
           Stuttgart, 2009, 686f.

–          Gudjons, H.: Pädagogisches Grundwissen. Bad Heilbrunn, 6/1999, 83.

–          Jantzen, W.: Möglichkeiten und Chancen des gemeinsamen Unterrichts von behinderten und nichtbehinderten
           Kindern: didaktische Grundfragen. In: Zeitschrift für Heilpädagogik, 51 (2000), H. 2, S. 46-55.

–          Rhein, I. & Schamelnbach, P.: Medienpaket Kooperation. Foliensatz für Lehrerkonferenzen und Elternabende.
           Landesarbeitsstelle Kooperation, Baden-Württemberg. (www.schule-bw.de/schularten/sonderschulen
           /kooperation/medien-gesamt/Foliensatz/PDF/foliensatz.pdf
)

–          Schmalenbach, P.: Außenklassen. Häufige Fragen – Antworten. Landesarbeitsstelle Kooperation, Baden-
           Württemberg.

–          Verwaltungsvorschrift „Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf und Behinderungen“ vom 22.
           August 2008, Punkt 5.2 Außenklassen (www.landesrecht-bw.de).

–          Zielke, G.: Zur Arbeit von Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen im gemeinsamen Unterricht. In:
           Eberwein, H. / Knauer, S. (Hrsg.): Integrationspädagogik – Kinder mit und ohne Beeinträchtigung lernen
           gemeinsam. Ein Handbuch. Vollständig überarbeitete und aktualisierte Neuauflage. Weinheim und Basel
           6
/2002, 412-421.